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Wenn Mitarbeiter Unternehmen bewerten: Ehrlich währt am längsten

by | Nov 14, 2019 | Nicht kategorisiert

War es früher vor allem dem Bewerber überlassen, sich möglichst perfekt zu präsentieren, müssen sich inzwischen die Firmen von ihrer besten Seite zeigen, um qualifizierte und engagierte Mitarbeiter für sich zu gewinnen. Employer-Branding wird immer wichtiger. Doch egal wie perfekt der Job laut Stellenbeschreibung auch ist, Realität und Berufsalltag sind von diesem Idealbild oft weit entfernt.  Die Bewertungsplattform kununu ist deshalb für viele Jobsuchende ein zusätzliches Auswahlkriterium. Das gefällt nicht allen Arbeitgebern, doch Sarah Müller, Geschäftsführerin von kununu, ist überzeugt, dass Unternehmen die Bewertungen der Mitarbeiter nicht fürchten, sondern für sich nutzen sollten. Wie das geht, verrät sie im Interview.

War es früher vor allem dem Bewerber überlassen, sich möglichst perfekt zu präsentieren, müssen sich inzwischen die Firmen von ihrer besten Seite zeigen, um qualifizierte und engagierte Mitarbeiter für sich zu gewinnen. Employer-Branding wird immer wichtiger. Doch egal wie perfekt der Job laut Stellenbeschreibung auch ist, Realität und Berufsalltag sind von diesem Idealbild oft weit entfernt.  Die Bewertungsplattform kununu ist deshalb für viele Jobsuchende ein zusätzliches Auswahlkriterium. Das gefällt nicht allen Arbeitgebern, doch Sarah Müller, Geschäftsführerin von kununu, ist überzeugt, dass Unternehmen die Bewertungen der Mitarbeiter nicht fürchten, sondern für sich nutzen sollten. Wie das geht, verrät sie im Interview.

Warum ist es nötig, dass Mitarbeiter ihre Firma öffentlich bewerten?

Wir wollen Jobsuchenden die Informationen geben, die sie brauchen, um bei der Jobsuche die richtige Arbeitgeberwahl zu treffen. In Zukunft ergänzen wir außerdem noch das Angebot um Gehaltsdaten und um noch vertiefte Daten zur Unternehmenskultur.

Die Gehaltsdaten sind in Österreich schon per Gesetz zu veröffentlichen. In anderen Ländern ist das nicht so?

Ja, das stimmt. In Österreich muss man das Mindestgehalt nach Kollektivvertrag angeben. Aber zum Beispiel in Deutschland oder in den USA gibt es keine Verpflichtung. Das Besondere bei unserem künftigen Angebot ist also, dass man die tatsächlichen Ist-Daten sieht, nämlich die, die wir von den Mitarbeitern selbst bekommen.

Was kann man aus den Bewertungen und Angaben, die die Mitarbeiter bei kununu abgeben, schlussfolgern?

Wir können zum Beispiel sehen, nach welchen Benefits die Jobsucher schauen. Ganz oben auf der Liste stehen flexible Arbeitszeiten und Homeoffice. Die Hälfte aller Nutzer filtert also danach, ob der potentielle Arbeitgeber flexible Arbeitszeiten bietet.

Ist das Essen als Benefit auch Thema?

Ja, das wird auch von uns abgefragt. Wir sehen, dass 17 Prozent der Arbeitgeber Essenszuschüsse anbietet. Danach gezielt suchen 5,7 Prozent der Nutzer.

Und wie fallen die Bewertungen zu den Themen Kollegenzusammenhalt, Vorgesetztenverhalten, Work-Life-Balance, Gehaltszufriedenheit im Job aus?

Das am besten bewertete Kriterium ist der Kollegenzusammenhalt. Das am schlechtesten bewertete Kriterium ist leider die Kommunikation. Da sehen wir einfach, dass das noch ein großes Thema in den Unternehmen ist.

Sind Mitarbeiterbewertungen auf kununu für Firmen wirklich relevant?

Jeder zweite Jobsuchende informiert sich mittlerweile auf kununu. Davon sagen 84 Prozent, dass sie sich von den Bewertungen beeinflussen ließen. Das heißt: Sie haben sich aufgrund von kununu-Bewertungen schon einmal für oder gegen einen Arbeitgeber entschieden.

Als ich vor vier Jahren bei kununu gestartet bin, haben wir gerade die Millionen-Party, also eine Million Bewertungen, gefeiert. In diesem Jahr werden wir vier Millionen Bewertungen haben. Das Thema Mitarbeiterbewertung nimmt also sehr viel Fahrt auf.

Jeder zweite Jobsuchende informiert sich auf kununu.

Aus welcher Altersgruppe kommen die Job-Suchenden, die bei kununu nachschauen, bevor sie sich bewerben?

Unser Kern ist zwischen 25 und 39 Jahre alt. Das sind also Leute, die den ersten, zweiten Jobwechsel im Visier haben. Es ist unter jüngeren Zielgruppen einfach verbreiteter, Bewertungen zu nutzen. Doch auch die ältere Generation ist bei kununu zu finden.

Xing und kununu arbeiten zusammen. Warum?

Xing und kununu sehen sich als Teil der New-Work-Familie. Wir möchten dafür sorgen, dass die Menschen eine bessere Arbeitswelt haben. Konkret heißt das: Die kununu-Ratings, also wie ist eine Firma bewertet, findet der Jobsuchende direkt im Xing-Stellenmarkt. Genauso werden die Benefits eines potenziellen Arbeitgebers von kununu in den Xing-Stellenanzeigen angezeigt.

Muss man als Mitarbeiter keine Sorge haben, dass der Arbeitgeber einen als kritischen Bewerter erkennt?

Wir bei kununu versprechen den Nutzern Anonymität und halten das natürlich auch. Wir geben keine Daten an Unternehmen und Firmen weiter. So stellen wir sicher, dass man bei uns bewerten kann, ohne dass der Chef gleich weiß, wer es ist. Aus diesem Grund handelt es sich bei den Fragen nach Position oder Abteilungszugehörigkeit auch um freiwillige Angaben, damit niemand herausfinden kann, wer der Bewerter ist.

Was tut kununu gegen Fake-Bewertungen?

Bevor eine Bewertung online geht, durchläuft sie zunächst einen technischen Filter, bei dem wir auf Missbrauch, Mehrfachbewertungen und die E-Mail-Adressen schauen. Wir achten aber auch darauf, dass keine Namen genannt werden und keine Beschimpfungen auftauchen. Nur was als „okay“ gewertet wird, geht dann automatisch online. Der Rest geht dann nochmal ins Community-Support-Team. Dort wird dann wirklich jede Bewertung manuell kontrolliert. Bis zu dreimal hat der Nutzer dann die Möglichkeit, seine Bewertung entsprechend zu adaptieren, erfolgt dies nicht, bleibt die Bewertung offline.

Ist eine Bewertung bereits online, aber jemand hat berechtigte Zweifel, kann er dies natürlich melden. Dann gehen wir nochmal in die Prüfung.

Man muss sich fragen: Wer bin ich denn als Arbeitgeber? Wenn aber das, was ich in meinem Employer-Branding mache, sage und tue nicht zu dem passt, was die Mitarbeiter widerspiegeln, dann erkennen die Kandidaten das relativ schnell.

Geliebt oder gefürchtet? Was halten die Arbeitgeber eigentlich von kununu?

Es gibt leider immer noch Unternehmen, die am liebsten nicht bei uns auftauchen würden.

Andere hingegen schicken mit jedem Arbeitsvertrag ein Kärtchen mit und bitten den Bewerber, den Bewerbungsprozess auf kununu zu bewerten. Sie nutzen unsere Plattform also aktiv, um Feedback zu bekommen. Der Mitarbeiter wird dann als Unternehmensbotschafter eingesetzt.

Was ich häufig von sehr vielen Unternehmen gefragt werde, ist, was sie tun müssen, um einen guten kununu-Score zu bekommen.

Wie kann ein Unternehmen konstruktiv mit einem Abschied umgehen? Haben Sie Tipps?

„Für die Personalabteilung sollte es wichtig sein, von den „Ehemaligen“ zu lernen. Deshalb sollte man Austrittsgespräche führen, um Wissen zu sammeln. Was läuft in der Organisation gut, was weniger gut? Diese Gespräche sind auch ein gutes Barometer, um unabhängig von einer Mitarbeiterbefragung zu erspüren, wo akute Probleme liegen. Wenn man dieses Wissen regelmäßig an das Topmanagement transportiert, hat man einen guten Pulsfühler. Dieses Feedback-System ist nicht zu unterschätzen, wird aber bei vielen Unternehmen leider nicht ausreichend genutzt.“

In einem Schlager heißt es „Niemals geht man so ganz“. Gilt das auch für ausscheidende Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen?

„Es gibt große Unternehmen, die durchaus erkannt haben, dass die ehemaligen Kollegen den Kontakt zur Firma bzw. zu ehemaligen Kollegen noch haben. Sei es z. B. über Newsletter oder persönliche Kontakte. Das Unternehmen kann das unterstützen, z.B. eine Plattform zur Vernetzung der Ehemaligen anbieten. Das ist auch ein USP, wenn das Unternehmen die Botschaft transportiert: „Ihr wart alle einmal in unserem Unternehmen, wir haben eine gemeinsame Vergangenheit.“ Man sieht sich immer zweimal im Leben und wer weiß schon, wofür das in Zukunft gut ist. Kontakte sind definitiv ein wichtiger Wert.“

Wie erreichen Arbeitgeber einen guten kununu-Score und welche Tipps haben Sie, um bessere Bewertungen zu bekommen?

Die Antwort ist einfach: Ein besserer Arbeitgeber werden! Denn Mitarbeiterbewertungen werden immer relevanter bei der Jobsuche. Die Chance für Unternehmen liegt darin, sich sehr authentisch darzustellen. Man muss sich fragen: Wer bin ich denn als Arbeitgeber? Wenn aber das, was ich in meinem Employer-Branding mache, sage und tue nicht zu dem passt, was die Mitarbeiter widerspiegeln, dann erkennen die Kandidaten das relativ schnell. Insofern ist unser Rat: Fragen Sie sich als Unternehmen, wer sie sind und was sie ausmacht. Aber beantworten Sie auch die Frage: Wer bin ich nicht?

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Wie gehen Firmen mit den Bewertungen um? Bewirken diese vielleicht sogar etwas in Sachen Führungs- oder Unternehmenskultur?

Es gibt mehr und mehr Unternehmen, die verstanden haben, dass man das Thema Bewertungen aktiv managen kann. Die sich dem Feedback stellen, die etwas verändern. Wir haben dafür auch ein ganz neues, internes Firmen-Tool gelauncht. kununu engage ist unser neues Angebot aus Berlin, das wirklich ganz genau, auf einer wöchentlichen Basis, das Mitarbeiter-Engagement misst. Dort kann man als Mitarbeiter ganz konkrete Themen an den Arbeitgeber posten, alle Mitarbeiter können kommentieren und voten. So bekommt das Unternehmen sehr schnell ein ehrliches Feedback – und kann entsprechend reagieren.

Ignorieren oder kommentieren? Wie sollten Unternehmen und die Personalabteilung mit Online-Bewertungen von Mitarbeitern umgehen?

Das Wichtigste ist, kununu aktiv zu nutzen. Man bekommt dort immerhin Feedback von den Mitarbeitern. Das sollte man annehmen und kommentieren. Leider machen das noch viel zu wenige Firmen. Dabei ist es wichtig, sich zu positiven wie auch negativen Bewertungen zu äußern. Viele Arbeitgeber reagieren nur auf negative Bewertungen und das sieht wirkt immer sehr schnell wie eine Rechtfertigung. Wird zu einem Feedback Stellung bezogen, hat das einen sehr großen Mehrwert für die Nutzer. So lesen diese nicht nur, was die Mitarbeiter schreiben, sondern auch, was das Unternehmen dazu sagt, wie es reagiert, wie es Kritik umgeht. Nur so kann sich das Unternehmen ehrlich und authentisch darstellen. Und das ist das Wichtigste.

 

Herzlichen Dank an Frau Müller für das interessante Interview zum Thema Arbeitgeberbewertungen!

 Carmen Windhaber

Carmen Windhaber

Autorin

Carmen bringt österreichischen Flair und hochkarätige Expertenkontakte in unser Autorenteam! Sie hat als Country Managerin Österreich die XING AG in Wien aufgebaut und vernetzt heute Unternehmen im Bereich der Digitalisierung. Aus brandaktuellen Themen spannende Geschichten machen und darüber schreiben – das ist ihr Metier! Sie ist auch Mitherausgeberin des Digital Business Leader sowie Mitglied des Beirats der Spendit AG.

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